Christus am Kreuz

Köln
um 1050

Eichenholz (?), vollrund, Reste originaler Farbfassung, übergangen
Höhe 104 × 146,8 cm

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Kruzifixe, also Darstellungen des ans Kreuz geschlagenen Christus, sind als immerwährende Erinnerung seines Opfertodes das zentrale Bildthema im christlichen Kult. Sie zählen zu den wichtigsten beweglichen Ausstattungsstücken mittelalterlicher Kirchen. Zu den wenigen erhaltenen Beispielen aus salischer Zeit (1024-1125) gehört die Skulptur des Gekreuzigten im Liebieghaus, deren ursprünglichen Bestimmungsort wir nicht kennen. Geschnitzt worden sein dürfte sie aber in Köln. Dafür sprechen stilistische und motivische Parallelen zu anderen Christusfiguren, etwa in der Lendentuchgestaltung und dem Gesichtstypus.

Im Gegensatz zu den meist deutlich überlebensgroßen anderen Kruzifixen zählt sie mit knapp 100 cm Körpergröße allerdings zu den kleineren Formaten. Und während es sich bei diesen um so genannte Triumphkreuze handelt, die am Bogen zwischen Kirchenschiff und Chor, also an der Grenze zwischen den Bereichen der Gemeinde und der Geistlichkeit ihren Platz hatten, ist die Funktion des Frankfurter Christus unbekannt. Kreuz und Inschrifttafel sind noch original. Die Inschrift selbst stammt allerdings aus späterer Zeit und zeigt statt des üblichen INRI (Iesus Nazarenus Rex Iudæorum = Jesus der Nazarener König der Juden) sechs Textzeilen, von denen die letzten Worte WILGEFORTIS OdER KOMMERNUS noch gut zu entziffern sind. Sie zeugen von einer Umwidmung des Kruzifixes zum Heiligenbild der seit dem 14. Jahrhundert volkstümlich verehrten heiligen Kümmernis oder Wilgefortis, die wie Christus bärtig und gekreuzigt dargestellt wurde. Der Legende nach sollte sie nämlich von ihrem Vater, einem heidnischen König, zur Ehe gezwungen werden. Als sie Maria um Hilfe bat, wuchs ihr ein Bart, worauf sie der erboste Vater ans Kreuz nageln ließ.