Heiliger Augustinus (?)
Hans Bilger

Worms
1489–1496

Lindenholz, originale Farbfassung, barock überarbeitet
Höhe 57 cm

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Bereits 1830 erwarb das Städelsche Kunstinstitut vier spätgotische Männerbüsten in geistlicher Tracht. Es handelt sich um zwei Bischöfe, die heiligen Ambrosius und Augustinus, einen heiligen Papst, Gregor den Großen, und einen Kardinal, den heiligen Hieronymus. Es sind die vier wichtigsten Kirchenväter der westlichen christlichen Kirche, als Autoritäten anerkannte Gelehrte des frühen Christentums. Auslegung, Erläuterung, Verbreitung, Übersetzung und Verteidigung der christlichen Lehre in Wort und Schrift sind unmittelbar mit diesen Namen verbunden. Nicht von ungefähr haben alle vier Frankfurter Büsten ein Buch als Attribut bei sich. Es ist die Bibel, in der sie lesen, blättern oder über deren Inhalt sie zu diskutieren oder – wie Augustinus – ganz in sich versunken zu sinnieren scheinen.

Wegen dieser unmittelbaren Beziehung zum Wort Christi haben spätmittelalterliche Kirchenväterdarstellungen immer wieder Platz an Predigtkanzeln oder Altären in Kirchen gefunden, an Orten also, wo die christliche Botschaft von zentraler Bedeutung ist. Die Frankfurter Kirchenväter etwa stammen vom Hauptaltar der Stiftskirche St. Peter und Alexander in Aschaffenburg. Dort standen sie in der Sockelzone des spätgotischen Altaraufbaues, der Predella, jeweils eingestellt in „unterschiedliche Kästen“, wie es in einer Schriftquelle von 1606 heißt. Damit dürften nischenartige Einbauten gemeint sein, aus denen die Halbfiguren wie aus einem Fenster hervorblickten.

Schöpfer dieser ungemein lebensnahen und kunstvollen Büsten war Hans Bilger von Worms, ein sicherlich am Oberrhein geschulter Schnitzer, für den fünf, leider verlorene Altaraufsätze in Frankfurt, Kirchgarten bei Worms, Höchst und Aschaffenburg zwischen 1475 und 1496 nachweisbar sind.