Büste eines bärtigen, alten Mannes
Franz Xaver Messerschmidt

Bratislava
nach 1777

Alabaster
Höhe 42 cm

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Der ausdrucksstarke Kopf des alten Mannes ruht auf einem v-förmigen Brustausschnitt, der seinerseits von einem quaderförmigen Sockel gestützt wird. Mund und Kinn werden von üppigen Bärten verdeckt. In der Haarmasse vermitteln nur die Mundöffnung und der Kinnbart anatomische Anhaltspunkte. Mit der Büste schuf Messerschmidt, obwohl sie an Bildnisse Sokrates’ erinnert, weder ein individuelles Porträt noch eine mimisch besonders charakterisierte Maske.

Franz Xaver Messerschmidt exerziert in der Büste repertoireartig verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten durch: Die ornamental formulierten, gerunzelten Augenbrauen kontrastieren zu den masken- und perückenähnlichen Bärten; Augäpfel, Nase, Wangen und Schädel wiederum treten stark plastisch hervor. Im offenen Mund fehlen Zähne und Zunge. Ebenso vielschichtig wie die plastische Gestaltung ist die Mimik des Gesichts: Sie schwankt zwischen Grinsen, Weinerlichkeit und Senilität. Die Uneindeutigkeit des Ausdrucks bricht mit der barocken Tradition des Porträtschaffens.

Zunächst bei dem Münchener Rokokobildhauer Johann Baptist Straub (1704–1784), seinem Onkel, und zeitweilig zusammen mit Ignaz Günther (1725–1775) und Christian Jorhan d. Ä. (1727–1804) ausgebildet, wandte sich der junge Messerschmidt um 1755 nach Wien, wo er eine mehrjährige Ausbildung an der Akademie absolvierte. Hier war er sowohl bei Hof als auch in Aufklärerkreisen einer der gefragtesten Porträtbildhauer. Seine berühmtesten Werke sind die sogenannten Charakterköpfe. Sie waren der Suche nach der innersten, tiefsten Wahrheit des Menschen gewidmet, seiner Seele.