Kruzifix
Joseph Anton Feuchtmayer

Konstanz
um 1750

Laubholz, originale Bemalung und Reste späterer Übermalung
Höhe 52 cm

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Der sterbende Christus war mit vier Nägeln an das – nicht erhaltene – Kreuz geheftet. Trotz der Tortur weist seine Körperhaltung eine fast tänzerisch-schwebende Leichtigkeit auf. Die Proportionen des durch Überdehnung in die Länge gestreckten Körpers und des Kopfes sind anatomisch verzerrt und dadurch dramatisiert. Auch die doppelt wiedergegebene linke Hüfte, das Auseinanderziehen von Brustkorb und Rippenbogen sowie der direkte Übergang der rechten Rippen in die Hüfte führen die eigenwillige Formensprache Joseph Anton Feuchtmayers vor Augen. Ebenso charakteristisch sind die kräftigen Bein- und Armmuskeln, buckelig-knorpelige Muskelerhebungen an den Seiten, lang gezogene Muskelpakete über den Rippen und die wie eingefräst wirkende linke Taille. Asymmetrisch verzerrt ist auch das von Schmerz gezeichnete Gesicht mit offenem Mund.

Ungewöhnlich ist die Darstellung der Schulterwunde, eine stark aufgerissene Hautpartie, die als blutiger Lappen von der Schulter herabhängt. Die Kenntnis und die Andacht zur Schulterwunde Christi, die vom 14. bis zum 19. Jahrhundert nachgewiesen ist, basieren auf einer Vision des heiligen Bernhard von Clairvaux (1090/91–1106/07). Er soll Christus gefragt haben, welche die schmerzlichste seiner unbekannten Wunden sei. Christus antwortete, es sei die Wunde der Schulter, auf der er das Kreuz getragen habe.

Feuchtmayer entstammte einer süddeutschen Bildhauerfamilie und übernahm die väterliche Werkstatt in Mimmenhausen im Jahr 1718. Er dominierte das Kunstschaffen im Bodenseeraum mit Kirchen- und Klosterausstattungen wie beispielsweise der berühmten Wallfahrtskirche Birnau oder der Schlosskapelle auf der Insel Mainau.