Nackte Alte
Daniel Mauch

Ulm
um 1520

Buchsbaumholz
Höhe 20,7 cm

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Anders als die Garstige Alte ist diese Nackte allseitig konsequent als Greisin dargestellt. Die für das damalige Frauenbild typischen drallen Körperrundungen an Hüfte, Brust und Bauch sind erschlafft, Arme und Beine abgemagert, Gesicht, Hals, Knie und Gesäß faltig entstellt. Das wirkt zunächst naturalistisch. Doch bei genauem Hinsehen bleibt die anatomische Beobachtung relativ abstrakt und die Details stilisiert. Nicht das Interesse an der Natur steht im Vordergrund, sondern wie bei der Garstigen die Warnung vor der Vergänglichkeit und Nichtigkeit alles Irdischen – das die Urbedeutung des Wortes Eitelkeit. Diese fand ihr Sinnbild in einem Spiegel, den die Alte in der rechten Hand hielt und vor dem sie ungelenk posierte. Daher auch das gekünstelte Grinsen.

Wieder dient eine antike Darstellung als Vorbild: die Venus mit dem Spiegel. Doch was die Göttin der Schönheit an Jugend und Verführungskraft besitzt, wird die Alte nie mehr erlangen. Das will sie aber nicht wahrhaben: Nicht grundlos trägt sie wie junge Mädchen und ledige Frauen die Haare offen.

Die Vielschichtigkeit der inhaltlichen und formalen Bezüge, Größe, Material und die Qualität der Bearbeitung legen nahe, dass auch dieser Akt für eine private Kunstsammlung gedacht war. Ihr Schnitzer, Daniel Mauch, war der letzte große spätgotische Bildhauer Ulms. 1529 ging er nach Lüttich. Dort erst soll die Figur entstanden sein. Doch lassen stilistische Gründe und die Ulmer Tradition solch moralisierender kleinformatiger Objekte, die mit der Garstigen Alten und einer Gruppe in Wien, der sogenannten Vanitas, bis etwa 1470 zurückreicht, durchaus eine frühere Datierung möglich erscheinen.